Erlebnisberichte

REKO: Bhutan, Land des Donnerdrachens Teil 1

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18. Dezember 2012 von Julia Karich

AUF DER SUCHE NACH DEM GLÜCK…

Bhutan, wo liegt das denn? Das ist die übliche Reaktion wenn man erzählt, dass man eine Reise ins Land des Donnerdrachens plant. Mit dem Finger auf der Landkarte fand ich das geheimnisvolle Land versteckt im östlichen Himalaja zwischen seinen mächtigen Nachbarn Indian und China. Bhutan macht keine Schlagzeilen. Hin und wieder findet man mal einen Bericht über das abgeschottete Land, welches das „Brutto-Sozial-Glück“ als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen hat. In Vorbereitung auf unsere cotravel-Reise nach Bhutan im Oktober 2013 packte ich also voller Neugier den Rucksack und machte mich auf den Weg.

Eine Portion Glück und ein wenig Vertrauen braucht man schon beim Anflug auf den Flughafen von Paro, wenn man im Sinkflug erschreckend nah an den Bergklippen vorbeirauscht und die Landebahn nach gefühlten 50 Metern abrupt am nächsten Berg endet. Mit einem Bremsmanöver, das mich tief in den Sitz hinein drückt, bringt der Pilot die Maschine geräuschvoll zum Stehen und voller Erleichterung stimme ich in den tosenden Applaus der Passagiere ein. Sobald sich die Tür der Maschine mit dem Drachen auf dem Flügel öffnet, ist man auf sich allein gestellt. Die Stewardess lächelt noch freundlich zum Abschied und zeigt in Richtung des Flughafengebäudes, das irgendwo am Horizont wie ein kleiner Tempel in der Sonne leuchtet. Nach einem ersten Trekking über die Landebahn lächeln mir die fünf Könige Bhutans von lebensgrossen Abbildern in der Empfangshalle entgegen. Darunter prangt in goldenen Buchstaben der Schriftzug „Johnnie Walker“ über dem Duty Free Shop. Der Kampf zwischen Tradition und Moderne fängt also schon bei der Passkontrolle an.

Auf meinem Weg nach Timphu erzählt mir mein Guide stolz, dass Timphu die einzige Hauptstadt der Welt ist, die keine Ampel besitzt. Und tatsächlich regelt ein einzelner Polizist mit stoischer Ruhe auf einer liebevoll verzierten Verkehrsinsel den Autostrom. An jeder Ecke wird gebaut und gewerkelt und neue Gebäude schiessen wie Pilze aus dem Boden. Die Stadt ist im Aufbruch und während hinter mir Lady Gaga aus einem Elektroladen dröhnt, beobachte ich traditionell gekleidete Pilger, die im Uhrzeigersinn um Gebetsmühlen strömen.

Bhutan ist etwa so gross wie die Schweiz aber mit knapp 700´000 Einwohnern nur dünn besiedelt. Die Fahrt durch das Land führt mich Richtung Osten über Punakha bis nach Trongsa. Je weiter wir ins Landesinnere kommen, desto unzugänglicher wird das Gelände. Die Berge erheben sich auf beiden Seiten majestätisch über dem vom Fluss durchgrabenen Tal. Die Fahrt am Abgrund ist mehr als holprig und das Wetter tut sein übriges für die passende Atmosphäre. Der Nebel hängt wie eine dicke Decke in den undurchdringlichen Wäldern und nur hin und wieder lässt der weisse Schleier einen Blick auf das atemberaubende Bergpanorama zu.

   

Nach jedem gemeisterten Pass geht es zweimal im Uhrzeigersinn um den höchsten Punkt, der von wehenden Gebetsfahnen markiert ist. Das Ritual soll Glück bringen und angesichts der bevorstehenden Abfahrt nehme ich das versprochene Glück dankbar mit und schlage sogar noch eine extra Runde vor. Während sich unser Auto nur langsam die unzähligen Serpentinen durch den Märchenwald quält, schwingen sich Affen in beeindruckender Geschwindigkeit durch das dichte Grün. Im nächsten Tal wässern Bauern ihre Reisterrassen und rote Chilis trocknen zu Tausenden auf den Blechdächern der Häuser in der Sonne. Immer wieder kreuzen Kühe und Yaks die Strasse, womit die Fahrt klaglos für mehrere Minuten unterbrochen wird. Eile gibt es nicht inmitten der Berge des Himalajas. Dafür gibt es Tee, immer und überall. Frauen verkaufen gebratenen Mais und getrockneten Yak-Käse am Strassenrand und Kinder spielen Fussball mit Orangen.

 

 

  

Neben dem gebratenen Mais wechseln auch unauffällig Zigarettenpäckchen den Besitzer. Der Verkauf von Tabakwaren ist in Bhutan verboten und so floriert ein reger Schwarzmarkt an den lodernden Feuerstellen in den Wäldern. Während wir uns den gebratenen Mais schmecken lassen, erzählt mein Guide von Dämonen, riesigen Tigern und anderen Fabelwesen, die im Schatten der heiligen Berge ihr Unwesen treiben sollen. In dieser Atmosphäre würde es mich nicht wundern wenn der Yeti höchstpersönlich hinter dem nächsten Baum hervorkommen würde. Auch der soll übrigens schon mehrfach in den Wäldern Bhutans gesichtet worden sein. Im Hotel teilt mir die freundliche Dame an der Rezeption mit, dass es heute Abend leider keinen Strom gäbe. Auf meine Frage, wann man denn wieder mit Strom rechnen könne, sagte Sie mit einem milden Lächeln: „Vielleicht in ein bis zwei Monaten.“ Na ja, hier ticken die Uhren eben anders aber mit einer handvoll Kerzen ausgestattet, wurde es eine spannende Nacht voller Geräusche und Schatten in einer wildromantischen Cottage tief in den Wäldern Bhutans. Der Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Himalajas in der rötlichen Morgendämmerung entschädigt dann auch für die kalten Füsse in der Nacht. Die Fahrt durch Bhutan hält noch so manche Überraschung bereit und am Ende wartet mit dem Tigers Nest noch ein absolutes Highlight auf mich …