22. November 2012 von Felix Blumer
„LEINEN LOS!“
Vom 15. – 26. November sind Leser der Basler Zeitung mit Cotravel auf der Hurtigruten unterwegs. Die Reise wird wissenschaftlich begleitet von Dr. Felix Blumer, SF METEO, Bereichsleiter für Radio DRS und Kolumnist der Rubrik Wetterwoche auf DRS 1.
Über Oslo nach Bergen
Am Donnerstag, 15. November verlässt die Reisegruppe früh morgens die Schweiz ab Zürich. Erstes Ziel ist die norwegische Hauptstadt Oslo, wo die Gruppe zwei Tage verweilt. Am Samstag geht es mit der berühmten Bergenbahn nach Bergen weiter, wobei das Wetter der grosse Spielverderber ist. Meist ist es nass und grau, zeitweise fällt Schnee. In Bergen treffe ich am Sonntagnachmittag auf die 25-köpfige Reisegruppe. Am Nachmittag steht bei regnerischem Wetter noch die Stadtbesichtigung auf eigne Faust auf dem Programm. Dabei zieht es praktisch alle zur weltberühmten Häuserzeile (Brygge) am Hafen, die zu den schützenswerten Objekten auf der UNESCO-Liste zählt.
Um 22.30 Uhr endlich „Leine los“
Um 18.00 Uhr kann die Gruppe auf der MS Richard With einschiffen. Nach einem reichhaltigen Nachtessensbuffet heisst es um 22.30 Uhr Leine los. Majestätisch setzt sich das 121 Meter lange Boot in Richtung Norden in Bewegung.
Montag, 19. 11.: Alesund als Hauptattraktion
Nachts um 2 Uhr werden die meisten von uns wegen starker Wellen geweckt. Es ist aber nur ein vorübergehendes Phänomen, denn schon bald bewegt sich unser Schiff wieder in ruhigeren Gewässern, geschützt von zahlreichen vorgelagerten Inseln. Höhepunkt des heutigen Tages ist der Stopp in Alesund. Während dem dreistündigen Aufenthalt erkunden wir die Stadt autonom. 1904 wurde Alesund bei einem Grossbrand weitgehend zerstört und nachher im Jugendstil wieder aufgebaut. Zahlreiche Mitglieder der Gruppe wagen den Fussmarsch auf den Felsen Aksla, mitten in der Stadt gelegen. 418 Stufen führen zu diesem tollen Aussichtspunkt, von wo aus man die ganze Stadt sieht, aber auch einen Blick über die zahlreichen Meeresarme werfen kann. Besonders fantastisch zu dieser Jahreszeit ist die Kulisse der Sunnmösalpen, die jetzt im oberen Teil schneebedeckt sind.
Um 15.00 Uhr legt das Schiff ab in Richtung Molde, wo wir gegen 17.30 Uhr eintreffen. In der kommenden Nacht fährt das Schiff fast ohne Unterbruch weiter und legt morgen Dienstag in der Früh in Trondheim an.
Stilvolle Häuserreihe in Alesund
Alesund die 40’000 Einwohnerstadt vom Aksla aus gesehen.
Dienstag, 20. 11.: Trondheim, die drittgrösste Stadt Norwegens
Bereits um 6 Uhr in der Früh erreicht die MS Richard With ihr Ziel Trondheim. Zu diesem Zeitpunkt ist es allerdings noch stockdunkel. Nach dem Frühstück starten wir um 08.30 Uhr zur Stadtrundfahrt mit dem Car. Zuerst geht es zum Nidaros-Dom. Im Jahre 1869 begann nach mehreren Bränden der Wiederaufbau dieses Doms, der bis heute eigentlich andauert. Vom Dom geht die Fahrt weiter zu einem Freilicht Museum, eine Art Ballenberg Norwegens. Dort steht unter anderem auch eine kleine Stabkirche. Der dritte Halt findet bei einem Aussichtspunkt statt. Bei Sonnenschein können wir einen wunderbaren Blick auf Trondheim werfen, das heute rund 160’000 Einwohner zählt und damit hinter Oslo und Bergen die drittgrösste Stadt Norwegens ist. Pünktlich um 12.00 Uhr geht es mit unserem Schiff weiter Richtung Norden. Während der ersten beiden Stunden fahren wir wieder durch den Trondheim-Fjord, den drittlängsten Fjord Norwegens auf das offene Meer hinaus. Die Fahrt ist einmalig schön, erleben wir doch während rund einer Stunde einen Sonnenuntergang wie es ihn nur in hohen Breiten gibt. Auf Grund der flachen Bahn geht die Sonne nur ganz langsam unter, gefolgt von einer fast endlosen Dämmerungsphase. Nach dem Nachtessen machen wir noch einen kurzen Halt in Rörvik, dann heisst es schon bald ins Bett gehen.
Die kleine Stabkirche im Freilichtmuseum.
Die Kathedrale in Trondheim.
Abendstimmung auf dem Weg von Trondheim Richtung Bodö
Mittwoch, 21. 11.: Wir überqueren den Polarkreis
Bereits am frühen Morgen um 07.09 Uhr überqueren wir den Polarkreis nach Norden. Er liegt bei 66°33’ Nord. Zu dieser Zeit ist es natürlich noch stockdunkel, und man erkennt das Monument am Ufer nur fragmenthaft. Mitte Vormittag erscheint Gott Neptun auf Deck 7 und vollzieht die Polarkreistaufe. Eiswasser in den Nacken ist nicht jedermanns Sache. Um die Mittagszeit erreichen wir die Stadt Bodö. Dort haben wir drei Stunden Aufenthalt. Bodö zählt heute 48’000 Einwohner und ist Hauptstützpunkt der norwegischen Armee. Im zweiten Weltkrieg wurden 2/3 der Stadt durch die deutschen Truppen zerstört. Danach wurde die Stadt wieder aufgebaut. Zurück an Bord ereilt uns eine Schreckensmeldung. Wegen Sturm ist eine Landung auf den Lofoten nicht möglich, weder in Stamsund, wo wir eigentlich das Schiff verlassen wollten, noch in Svolväer. Unser Schiff fährt direkt durch auf die Nachbarinsel Vesteralen und wird voraussichtlich erst gegen 22.00 Uhr in Stokmarknes anlegen. Die folgenden drei Stunden sind entsprechend auch stürmisch, und für die Hurtigruten atypisch gibt es hohen Seegang. Ausserplanmässig verpflegen wir uns nochmals an Bord. Kurz vor 22.00 Uhr kommen wir tatsächlich in Stokmarknes an. Da die Verbindungsfähre zwischen Versteralen und den Lofoten wegen Sturm ebenfalls nicht fährt, beginnt eine unendliche Carfahrt. Gegen 01.30 Uhr erreichen wir schliesslich unsere Unterkunft in Leknes.
Donnerstag, 22. 11.: Reise auf den Lofoten
Da unser Chauffeur auch die nötige Ruhezeit braucht, gibt es erst um 09.30 Uhr Frühstück. Um 10.30 Uhr brechen wir mit dem Car zur Südspitze der Insel auf. Unterwegs machen wir mehrere Fotostopps. Am Nachmittag folgt der Besuch im Fischfangmuseum in A. Dort werden uns die verschiedenen Fischernetze erklärt, und wir werden auch in die Herstellung von Tran eingeweiht. In einer zweistündigen Fahrt bringt uns der Car gegen Abend wieder zu unseren Holzbungalows in Leknes zurück.
Einfahrt in Bodö
Windhosen vor Bodö
Freitag, 23. 11.: Bei den Wikingern
Nach dem alltäglichen Meteovortrag verlassen wir unsere schmucken Bungalows in Leknes. Der erste Programmpunkt ist das grosse Wikingermuseum, wo sich Mittelalter und Moderne in gelungener Art ergänzen. Im supermodernen Pavillon werden wir mit einem Video in die Geschichte der Wikinger eingeführt. Anschliessend sehen wir uns mit modernster Technik zahlreiche Exponate der Wikinger an. Danach besuchen wir das nachgebaute Häuptlingshaus. Höhepunkt ist das historische Mittagessen mit traditionellem Umhang und Originalgedeck. Am Nachmittag geht es auf holprigen Strassen zum Meeresmuseum, wo uns Meeresbiologin Heike einen spannenden Vortrag zu Walen hält. Nach einem feinen Nachtessen geht es weiter nach Svolväer, wo wir um 22.00 Uhr mit der MS Trollfjord auf der Hurtigruten weiter nach Norden fahren.
Das Wikinger-Museum auf den Lofoten
Dämmerungsstimmung auf der Fahrt nach Tromsö
Samstag: 24. 11.: Wow: Nordlichter live!
Den Vormittag verbringen wir auf der modernen MS Trollfjord und geniessen die mehrstündige Dämmerungsphase. Um 14.30 Uhr legen wir in Tromsö an. Dort erwartet uns eine Stadtführung. Kleinere Pannen sorgen immer wieder für Heiterkeit, stören aber nicht wirklich. Unser erster grosser Stopp findet beim Völkerkundemuseum statt. Dort werden wir nochmals in die Geheimnisse der Nordlichter eingeführt, und wir lernen die Kultur der Samen kennen. Den zweiten grossen Halt machen wir bei der Eismeerkathedrale, der hochmodernen, schneeweissen Kathedrale. Um 18.30 Uhr geht es weiter nach Norden. Kurz nach 23.00 Uhr entdecken wir plötzlich Nordlicht. Die Devise heisst „hunting the light“. Auch wenn die Lichter nur schwach sind, beginnt jetzt das Wettfiebern um das beste Bild. Für die Nordlichtfotographie entpuppt sich eine Einstellung zwischen 6 und 20 Sekunden Belichtungszeit, Blende 3,5 bei 1600 ISO als erfolgversprechend. Jeder, der diesen Abend auf Deck 6 der MS Trollfjord erlebt hat, wird sich noch lange daran erinnern!
Es wird schon vor Tromsö wieder dunkel, notabene um 14.00 Uhr!
Die Eismeerkathedrale, Wahrzeichen von Tromsö
Es gibt sie wirklich, die Polarlichter!
Sonntag, 25. 11.: Am Abhang Europas – das Nordkap
Heute erleben wir die Polarnacht. Die Sonne wird den ganzen Tag nicht zu sehen sein. Der Vormittag ist eine einzige Dämmerungsfahrt Richtung Nordkap. Da wir uns schon weit im Osten befinden, ist eigentlich schon um 11.10 Uhr Mittag. Um 11.45 Uhr legen wir in Honningsvag an. Dort besteigen wir den Bus zum Nordkap. Unser Bus ist zweisprachig deutsch/französisch und unsere Reiseleiterin Esther ist geborene Schweizerin. Nach knapp einstündiger Fahrt kommen wir auf dem 300 Meter hohen Nordkapfelsen an. Die Stimmung ist einmalig: Dämmerung, aufgelockerte Bewölkung, eisig kalt und weit unter uns das brodelnde Meer! Schönwetter am Nordkap gilt als absolute Rarität. Nach einem Besuch des Visitorcenters geht es zurück zum Schiff. Zum Abschluss gibt es nochmals ein üppiges Buffet. Voller toller Erinnerungen geht es nun auf den langen Heimweg. Morgen Montag fliegen wir von Kirkenes über Oslo zurück nach Zürich, von wo die meisten Reiseteilnehmer in die Region Basel weiter reisen.
Der Himmel brennt am Mittag über Honningsvag.
Mit Reiseleiter Aurel Witzig am Nordkap
Für uns alle war es eine einmalige Reise in die Dunkelheit. Auf Wiedersehen und hoffentlich bis bald!
Euer
Felix Blumer, SF METEO