Erlebnisberichte

BERICHT: Anatolien 2014 mit Erwin Koller II

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Tagblatt Anatolien 5.2014_Konya

01. Juli 2014 von Walter Bührer

GÜNEIDIN ANADOLU – GUTEN MORGEN ANATOLIEN

„Kennen Sie Anatolien? Die Türkei abseits von Istanbul und den typischen Badeferienorten wie Antalya und Belek?“ Die meisten Gruppenteilnehmer mussten diese Frage verneinen. Einige wenige brachten ihre Eindrücke von früheren Reisen mit. Und fast alle hatten ein Bild vorzuweisen, das geprägt war von Medienberichten. Doch wie fühlt es sich tatsächlich im Land selbst an, wie sieht sich die Türkei selbst? Mehr Okzident oder Orient?

Die Region war schon immer eine Brücke zwischen unterschiedlichen Kulturen, auch zu Zeiten der Urchristen. Erwin Koller, Theologe und Gründer der „Sternstunde“ am Schweizer Fernsehen, führte die cotravel Reisegruppe auf den Wegen des Apostels Paulus durch dieses für unser Religionsverständnis wegweisende Gebiet. Dass wir daneben auch die „heutige Türkei“ in all ihren Facetten sowie die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge kennenlernen durften, verdanken wir unserem lokalen Reiseleiter: Naci Sakarya, der mit Herzblut und herzlichem Lachen uns sein Land vorstellte. Tesekkürler – Danke an sie beide! Hier folgen einige bebilderte Momentaufnahmen.

Zu Beginn ein wenig grundsätzliches Wissen, das wir uns auf dieser Reise nach Anatolien aneignen konnten: Rund 40% der gesamten Bevölkerung lebt mit Istanbul, Ankara und Izmir in einer der drei grössten türkischen Städte. Insgesamt 11 Millionenstädte zählt das Land heute. Auch Adana – der Ausgangspunkt unserer Reise am östlichen Ende der Südküste – gehört dazu. Unweit davon liegt Tarsus, der Geburtsort des Apostels Paulus. Als einzige erhaltene Kirche der Stadt hat die Pauluskirche einen besonderen Wert – in ihren Innenräumen hatten wir die Gelegenheit, den Erläuterungen von Erwin Koller zu lauschen:

Tagblatt Anatolien 5.2014_Pauluskirche

Kappadokien unterscheidet sich auch klimatisch merklich von der Südküste, durch die Lage in Zentralanatolien mit dem Taurus-Gebirge als natürliche Abgrenzung. Dank seiner bizarren Tuffsteinlandschaft und der reichen historischen Bedeutung der Höhlenwohnungen – unter anderem dienten sie als Fluchtort für die Urchristen – ist Kappadokien zu einem Zentrum für Anatolien-Reisen geworden.

Tagblatt Anatolien 5.2014_Kappadokien

Doch abseits der touristischen Hauptachsen liegen immer noch kaum besuchte Gegenden, die ein beeindruckendes Zeugnis vergangener Geschichtsepochen darstellen. So zum Beispiel das ehemals byzantinische Keslik-Kloster oder das wildromantische Zwillingstal Soganli mit seinen zahlreichen Höhlenwohnungen und -kirchen – übrigens ein wunderschönes Wandergebiet.

Tagblatt Anatolien 5.2014_Höhlenwohnungen

Auch der Besuch von Hattusa ist besonders dann ein eindrückliches Erlebnis, wenn einem bewusst ist, wo man hier eigentlich steht: in der ehemaligen Hauptstadt der Hethiter – einem Volk, das lange in Vergessenheit weilte und erst spät von Historikern definiert werden konnte. Umso bewegender unsere Eindrücke im hethitischen Heiligtum Yazilikaya sowie der Blick über die Weiten der Ausgrabungsstätten.

Tagblatt Anatolien 5.2014_Hattusa

Die Fahrt nach Konya – einer weiteren Millionenstadt in Zentralanatolien mit Wurzeln bis weit in die Antike – veranschaulicht das Zusammentreffen von gestern und heute. Wo einstmals Karawansereien als Etappen auf dem Weg der Seidenstrasse standen, sieht man nun landwirtschaftlich intensiv genutzte Gebiete und eine beeindruckend aufstrebende Industrie. Wussten Sie, dass beispielsweise Daimler-Benz all ihre LKWs und Busse in Aksaray, in der Nähe von Konya herstellt? Auch KIA und HYUNDAI sind in der Gegend stark vertreten. Ebenfalls lernten wir auf unserer Reise, dass die Türkei heute mit Blick auf die Wirtschaftskraft bereits auf Platz 17 der Weltrangliste liegt und dabei mit einer jährlichen Wachstumsrate um die 5% alle europäischen Länder weit übertrifft.

Çatalhöyük, eine der ältesten Siedlungsstätten der Menschheit und seit kurzem UNESCO-Weltkulturerbe, sowie das Mevlevi-Kloster sind weitere Beispiele für die seit Menschengedenken anhaltende Drehpunktfunktion von Konya und seiner Umgebung. Äusserst nachhaltig stimmte uns der meditative „Tanz der Derwische“ im Kloster der Nachkommen von Rumi, dem persischen Dichter und grössten Mystiker der islamischen Welt. Die Intelligenz von Plato‚ die Vision von Buddha oder Christus‚ die Sprachgewalt von Shakespeare seien hier verbunden gewesen.

Weiter führte uns unsere Reise nach Antiochia in Pisidien – einem ehemals römischen Zentrum, welches bereits für Apostel Paulus zum mehrjährigen Hauptort seiner Missionstätigkeit wurde, vorbei an malerischen Seenlandschaften mit Mittagspause am Egirdir-See, nach Pamukkale und Hierapolis. Diese Orte waren bereits in der Antike Angelpunkte der griechischen und römischen Kultur in der Region. Überwältigend war auch der Anblick der weissen Sinterterrassen des ehemaligen Thermal-Jungbrunnens und der Gang durch die damals grösste Grabstätte Anatoliens.

Tagblatt Anatolien 5.2014_Egerdir-See

Ephesus, damals noch am Meer gelegen und heute durch Versandung einige Kilometer davon getrennt, war schon Weltstadt des griechischen Reiches als Athen noch ohne Bedeutung war. Der Tempel der Artemis, auch Artemision genannt, begründete den Nimbus eines der „Sieben Weltwunder“ der Antike. Hier begannen oder endeten später auch zahllose Karawanen der Seidenstrasse. Ein Gang durch die nach Pompeji besterhaltene römische Siedlung bleibt unvergessen.

Tagblatt Anatolien 5.2014_Ephesos

Unser Pfad endete in Kusadasi und Izmir – Orte, die uns zurückholten in die Gegenwart eines Landes, welches sich durch eine reiche Kultur, landschaftliche Schönheit, wirtschaftliche Prosperität, geschäftstüchtige und gleichwohl freundliche Menschen auszeichnet. Und wo nicht zuletzt auch das Kulinarische – während der Reise unter anderem auch im familiären privaten Kreis genossen – zum unvergesslichen Erlebnis beiträgt. Darum noch einmal: Ein herzliches TESEKKÜRLER, DANKE an all unsere türkischen Freunde!

 

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