Erlebnisberichte

ARTIKEL: Old Burma Road

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18. Juni 2013 von Helmut Köllner

VON CHINA AUS IN EIN „GANZ ANDERES“ LAND

Eine Reise nach Burma machen heute viele. Manche sagen sogar zu viele, angesichts der noch nicht so zahlreichen Hotels, welche das Land derzeit erst zu bieten hat. Aber seit die Friedensnobelpreisträgerin und Galionsfigur der Demokratiebewegung  Aung San Suu Kyi im Parlament Platz genommen hat und Barack Obama dort auf Staatsbesuch war, erlebt die Welt freudig gespannt den politischen „Frühling“ in Burma. Es hat ein richtiger „Run“ auf das so lange verschlossene, später dann geächtete und heute nun plötzlich so sehr begehrte Land eingesetzt.


In seinen 1890 erschienenen „Letters of the East“ antwortet die riesige goldglänzende Shwedagon Pagode dem in Verwunderung erstarrten Rudyard Kipling: “This is Burma and it will be quite unlike any country you have known before” – „Dies ist Burma und es wird völlig anders sein, als all die Länder die Du bislang kennst“.  Als ich hundert Jahre später das erste Mal nach Burma reiste, war dieser Satz immer noch genauso gültig geblieben: Hier war alles so anders! Anders als die überbevölkerten Nachbarländer Südasiens im Westen, und auch anders als die sich so schnell modernisierenden Nachbarländer im Osten mit ihrem Massentourismus. Die Menschen dort lebten in einer längst vergangenen Zeit, in der das Leben langsam war und die Einheimischen dennoch oder gerade deswegen glücklich und zufrieden schienen. Es war wie eine Zeitreise: spärlicher Strassenverkehr, der hauptsächlich aus Oldtimern bestand, koloniale Häuserfassaden, die wirkten, als ob die Engländer eben erst das Land verlassen hätten und vor allem unglaublich freundliche, lächelnde Menschen im traditionellen Wickelrock, dicke Zigarren rauchend, den unvermeidlichen Betel kauend, während sie auf dem Schwarzmarkt Zigaretten und Whisky eintauschten. Und natürlich traumhaft schöne, nur dünn besiedelte Landschaften: lange Küstenstrände ohne einen Badetouristen, grün bewaldete, unzugängliche Berge, breite Flüsse mit spärlichen Schiffsverkehr, der dennoch vom Gerät her an die glanzvollen Tage der britischen Irrawaddy Flotilla erinnerte, als dort die grösste Flussschifffahrtsflotte der Welt unterwegs war. Und dann gab es auch noch Kultur wie sonst nirgendwo in Asien zu sehen: Die einzigartige, rund 1000 Jahre alte Ruinenstadt Bagan. Zahllose, teilweise riesige Tempelbauten liegen dort einsam in einer weiten Ebene verstreut und belegen heute noch den Glanz der einst grössten buddhistischen Metropole der Welt.


Über die Jahrzehnte hat sich dann bereits so manches verändert: Erste schicke Hotels, feine Restaurants und private Fluggesellschaften mit modernen Turboprop Maschinen französischer Bauart zeugten vom Wirtschaftaufschwung Anfang der Neunziger Jahre und erleichterten das Reisen enorm. Doch dieser Boom währte nicht lange: Der Westen rief zum Boykott der Militärdiktatur, die Masse blieb fortan dem Lande fern. Die Asienkrise 1997 drehte zudem den asiatischen Geldgeber ihren Geldhahn zu, und Burma bewahrte nun wieder diesen einzigartigen Charme, der auch von den Generälen nicht nachhaltig gestört wurde:  Im Vergleich zu China oder Vietnam sah man nur selten die uniformierte Staatsmacht auf den Strassen. Hätten nicht die Einheimischen immerzu auf die Regierung geschimpft, so hätte man bisweilen fast vergessen können, dass im Land eine Diktatur herrschte.


Und jetzt soll dort also endgültig und unwiderruflich die neue Zeit angebrochen sein? Aber hat sich wirklich so viel geändert? Sicherlich, denn es gibt ja jetzt sogar ein Mobilfunknetz und man darf seine Mobiltelefone mitbringen, das war doch noch vor gar nicht so langer Zeit verboten. Aber auf dem Land hat es noch selten ein gut funktionierendes Netz. Und es ist heute ja fast ein Luxus, auch mal nicht erreichbar zu sein. Und in der grössten Stadt Yangon gibt es nun doch auch schon regelmässig Verkehrsstaus. Aber auf dem Land stauen sich nur die Ochsenkarren an den Wasserstellen, um ihre Fässer mit dem kostbaren Nass zu füllen sobald der Generator das Wasser vom Fluss hochpumpt. Eine Routinearbeit für die Bauern -für Fremde vor Allem ein malerischer Anblick.  Und man kann nun sogar in manchen Städten Geldautomaten nutzen. Aber „nur Bares ist Wahres“ heisst immer noch die goldene Regel bei den meisten Einheimischen.
Die gute Nachricht zum Schluss: Auch wenn der Tourismus dort heute boomt, so bleiben die Touristenzahlen doch noch weit hinter denen vergleichbarer Länder in Asien zurück. Doch seit vergangenem Jahr sind die letzten Boykottsanktionen aufgehoben und die Uhr tickt: Hier in Burma wird sich vieles ändern und bei allen positiven Veränderungen ist es wahrscheinlich, dass Burma auf seine Weise in der Zukunft ein Land wie all die anderen Länder dieser globalisierten Welt sein wird. Im Moment hat sich die Infrastruktur bereits soweit verbessert, dass Reisen selbst in abgelegene Regionen kein unlösbares Problem mehr sind. Doch gleichzeitig ist noch so vieles beim Alten, noch ist vieles auf charmante Weise „ganz anders“. Dies umso mehr auf der „Old Burma Road“, die uns – ganz ihrem Namen entsprechend – tief ins alte Burma führen wird. Doch wie lange noch? Es ist Zeit für diese besondere Burmareise, die uns noch ein „ganz anderes Land“ Asiens erleben lässt.