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ARTIKEL: Einmal Zypern, immer Zypern

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cotravel Blog ARTIKEL_Einmal Zypern, immer Zypern

10. Juli 2016 von Helena Malamis

ERINNERUNGEN AN DIE INSEL DER APHRODITE

„Sehen Sie, die Szenen könnten aus einer Seifenoper stammen!“ „Halt, bitte schauen Sie hier am Wegrand, eine Ophrys Kotschyi.“ „Bauen Sie in dieser Region einen Autounfall, müssen Sie vors britische Gericht!“ Die lokalen Reiseleiter auf Zypern sind eine Klasse für sich. Sie erzählen einem olympische Geschichten, zeigen Beispiele der reichen endemischen Flora oder erklären die Gesetzgebung auf dem Boden der britischen Militärbasen.

Erinnerungen aus der Zeit vor der Inseltrennung und Beispiele der heutigen Annäherung weben sich ganz natürlich in ihren Erzählstrang ein – oft sind es auch gerade diese Themen, die die Besucher mit am meisten faszinieren. Einige Jahre für die Fremdenverkehrszentrale der Insel tätig, habe ich immer wieder die wissenshungrigen Blicke der Leute beobachten können, die dabei aber auch eine gewisse Diskretion behalten wollten.

In mindestens einem Punkt waren sich die Zypern-Besucher am Ende immer einig: Wir kommen wieder! Vielleicht wird sich auch bei den Teilnehmern der diesjährigen SRF Kulturklubreise derselbe Effekt einstellen. Für verschiedene Zielgruppen ist die Insel sicher mit unterschiedlichen Assoziationen verbunden – mehr könnten diese aber nicht voneinander abweichen. Schaut man über den natürlich legitimen, boomenden – man könnte auch sagen etwas un-intellektuellen – Strandtourismus im Osten hinweg, stösst man schnell auf beeindruckende geschichtliche Schätze, die ganz nonchalant heute so nebeneinander liegen.

BEWEGTE VERGANGENHEIT

In wenigen Schritten legt man etliche Jahrhunderte zurück. Vom perfekten kreisförmigen Theseus-Mosaik und der Antike zur Paulus-Säule ins frühe Christentum und zurück ins Mittelalter zum Fort am Hafen. Lange bleibt man auf Zypern nicht ohne Geschichtsspuren. Kurze Fahrten ins Hinterland bieten derweil Einblick in das religiöse Klosterleben und in besondere Formen der orthodoxen Kirchenarchitektur. Nicht selten muss man aber erst das Dorf nebenan aufsuchen um herauszufinden, wer denn nun den Schlüssel zur Kirchenpforte hat. Ebenso findet man überall Beispiele moderner Weinproduktion: Mit Winzer-Ausbildungen in Frankreich und Italien hat man sich die nötigen Kenntnisse angelegt, um zu Hause die – natürlich endemischen! – Reben angemessen zu pflegen, zu züchten und edle Tropfen mit charakteristischem Geschmack herzustellen.

Auch die Fremdenverkehrszentrale hat eine tragende Rolle in der neueren Geschichte Zyperns gespielt. Kurz nach der Invasion türkischer Truppen im Inselnorden 1974 – eine Folge des Auseinanderklaffens der Interessen von Zyperns Garantiemächten und Grund für den heute immer noch vorherrschenden Status Quo der Trennung – fand sich der nunmehr griechisch-sprechende Süden mit einem Schlag ohne seine zwei florierenden Tourismusregionen Kyrenia und Famagusta wieder.

Um dem wichtigen Wirtschaftszweig so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu helfen, hat die Cyprus Tourism Organisation dazu beigetragen, den Inseltourismus anzukurbeln und auf Vordermann zu bringen. Bemerkt man nebenbei als Reisender, die Hotellerie der Republik sei aber beherrscht von eher unschönen, grossen Bauten, liegt auch dies am Zeitdruck, unter dem man Mitte der 70er wieder von vorne beginne musste.

ZU HAUSE BEI MICHAEL WRASE

Sein damaliger Wohnort Beirut war irgendwann nicht mehr die weltoffene Stadt, in der sich Nahost-Korrespondent Michael Wrase niedergelassen hatte. So fiel die Wahl auf Zypern – eine Insel in vielen Hinsichten, gelegen in einer strategisch vielbedeutenden Ecke des Mittelmeeres. Von dort aus unternimmt er seine Reisen weiter Richtung Osten – einige davon mit touristischer Färbung für cotravel. Im Bürozimmer seines Hauses in Kolossi – umgeben von Limassols Orangenhainen – schreibt er seine Berichte über die Ereignisse auf der politischen Bühne des Orients. Und auf seiner Terrasse wird er die Kulturclubreisenden selbst bewirten, am Abschlussabend unserer Reise auf die Insel der Aphrodite.

ZYPERNS MENSCHEN

Viele Überraschungen warten auf unsere cotraveller. Beeindruckende Monumente aus allen möglichen Epochen; Überbleibsel aus der britischen Kolonialzeit; ein erstaunlich problemloser Durchgangsfluss auf der berühmten Ledra-Strasse in der zweigeteilten Hauptstadt. Überaus warme Temperaturen – während unserer Reisezeit Oktober sind wir nicht die einzigen, die die Insel als späten Sommerabschluss schätzen. Eine wahrlich schmackhafte und facettenreiche Küche.

Aber was am besten in Erinnerung bleiben wird – ich wage eine Prognose – sind die Zyprioten und Zypriotinnen selbst. Gastfreundliche, hilfsbereite Menschen, offen und mit einem Lächeln im Gesicht – plötzlich wird man zum Kaffee eingeladen oder bekommt eine Orange aus dem eigenen Garten gereicht. Ein jeder mit persönlichen Geschichten und Erlebnissen von der Inseltrennung, zugleich kritisch und hoffnungsvoll ihrem Land gegenüber, das sie lieben.

P.S.: Die ganzen legendären Geschichten über Aphrodite, ihrem Lover Adonis, dem Helden Digenis Akritas etc. klingen vor Ort und von einem Zyprioten erzählt viel amüsanter. Kalo taxidi – gute Reise!

 

MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – ZYPERN

Auf die Insel der Aphrodite: SRF Kulturclubreise Oktober 2016.
Weitere Reise mit Michael Wrase: Gewürzstrasse im November 2016.