07. Juli 2016 von Kurt Schaad
KOLUMNE ZU DEN DO’S UND DON’TS DOWNUNDER
Sind Sie etwas zart besaitet? Und auch immer zurückhaltend höflich? Möchten Sie aber gerne auch einmal etwas hemmungsloser auftreten und ein Schimpfwort gebrauchen können? Ohne dabei unangenehm aufzufallen? Dann freuen Sie sich auf Australien.
Wir sind zu einem „Barbie“ eingeladen, einem Barbecue, einer Grillparty also. Wir kommen besser ein paar Minuten zu früh, das ist schon mal ein guter Anfang. Jetzt klopfen Sie mit dem Schuh an die Türe. Sie können gar nicht mit dem Finger klopfen, denn Sie halten drei Sixpacks Bier in Ihren Armen.
Die Party kommt schnell in Schwung: locker, easy going, herzlich aber rau mit einem Englisch, das ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Aber immer so tun, als ob man alles verstehen würde. Kurze Einwürfe wie „shit“ oder fuck“ werden den Eindruck erwecken, dass Sie dem Gespräch gut folgen können.
Wo das geschrieben steht? Nirgends. Einen australischen Knigge gibt es nicht. Man ist zu faul, einen zu schreiben. Oder wie es der Australier sagen würde: „We’r just too fucking lazy to make one“. Aber trotzdem gibt es diese unausgesprochenen Regeln. Sie nicht zu kennen, kann nach australischer Redensart zur Folge haben, ein Bierglas ins Auge zu bekommen – „to get a schooner in your eye“. Wie schon gesagt: rau aber herzlich.
Seien Sie bei Themen wie Politik oder Sex eher zurückhaltend. Auch die Sträflingsvergangenheit oder der Umgang mit den Aborigenes könnte zu heiklen Diskussionen führen. Über Sport lässt sich endlos fachsimpeln, vor allem wenn man auch über die Nationalsportarten Aussie Football, Cricket oder Rugby Bescheid weiss. Wenn man dann noch die grossartigen Siege australischer Mannschaften erwähnt und betont, wie sehr man von Australien beeindruckt ist, werden Sie an der Party schon zum halben Staatsbürger erkoren.
Dass man bei einem Ausflug ins Outback das Schild „kein Benzin auf den nächsten 500 Kilometern“ ernst nehmen, immer genügend Wasser für mehrere Tage mitführen und bei einer Panne das Fahrzeug nie verlassen sollte, sind keine Benimmregeln sondern echte Überlebenshinweise.
So etwas wie Überlebenshilfe für die jungen Australier ist Vegemite, eine Art Brotaufstrich. Jedes Kind bekommt es mit der Bemerkung, dass man nur mit Hilfe von Vegemite gross und stark werden kann. Falls Sie diesbezüglich noch Nachholbedarf und etwas Mut haben: bestreichen Sie einen Toast grosszügig mit Butter und verteilen dann darauf eine ganz dünne Schicht Vegemite. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Ich persönlich ziehe ein Glas australischen Rotwein dem Genuss von Vegemite vor.
(Kolumne ursprünglich erschienen in der Südostschweiz)
MEHR SEHEN, ANDERS ERLEBEN – AUSTRALIEN
Leserreise der Südostschweiz mit Kurt Schaad im Oktober/November 2016.
Weitere cotravel Blog-Berichte zu Australien.
Fotoalbum der letzten cotravel Australien-Reise.