Erlebnisberichte

REKO: Transamerika II

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12. Januar 2017 von Kurt Schaad

MIT AMTRAK UNTERWEGS

Der Mann geniesst die volle Aufmerksamkeit, als er mit auslandenden Gesten lauthals verkündet: „Hier auf diesem Platz haben Thelma und Louise den Tanklaster explodieren lassen und da vorne kommt die Strasse, wo Forest Gump sagte, dass er müde sei.“

Nein, wir sind nicht in Hollywood, wir sitzen im Zug, unterwegs im Bundesstaat Utah. Alle Reisenden im Panoramawagen nicken andächtig, als der Kondukteur auf die Drehorte der beiden Erfolgsfilme aufmerksam macht, die man bequem vom Zugsessel aus sehen kann.

Seit der Abfahrt in Chicago sind schon fast 30 Stunden vergangen und bis Salt Lake City sind es nochmals sechs. Es gibt nichts besseres als eine Zugreise, um die Weiten der USA im wahrsten Sinn des Wortes zu erfahren. Bis Sonnenuntergang schaffen wir die sanft gewellten Ackerböden von Illinois und Indiana, bis sich dann die Nacht der Eintönigkeit von Nebraska erbarmt.

Sergio kümmert sich um das Wohlergehen seiner Passagiere, schaut, dass man immer eine volle Wasserflasche hat, rüstet die Sitze zu Betten um und fragt jede halbe Stunde mit fürsorglicher Mine, ob alles in Ordnung sei. Sergio kommt aus Pamplona in Spanien, ist wegen einer Frau nach Chicago gekommen, hat dann aber eine andere geheiratet und verbringt, wenn immer möglich, seine Ferien in der spanischen Heimat. Heimweh halt. Er ist mit dem California Zephyr von Chicago nach San Francisco unterwegs, 7 Tage hin und zurück, danach 7 Tage frei.

Nach Denver ändert sich das Landschaftsbild schlagartig. In weiten Schleifen klettert der Zug die Rocky Mountains hoch. Alle kleben an den Fenstern. Und weil die Amerikaner nicht allein schauen können und deshalb immer alles erklärt haben müssen, geben Fachleute im Panoramawagen auf der ganzen Bergstrecke laufend Beschreibungen der Landschaftseindrücke.

Die Stimmung im Zug ist locker. Im Speisewagen ergeben sich zufällige Tischbekanntschaften und interessante Gespräche und anders als erwartet ist das Essen von erstaunlicher Qualität.

Es ist schon nach Mitternacht, als der Zug in Salt Lake City einfährt. Sergio kontrolliert persönlich, dass alle, die hier aussteigen, die Ankunft nicht verschlafen. Er ist mit dem Gepäck behilflich und verabschiedet jeden mit der Bemerkung, er hoffe, ihn demnächst auf dem Zug wieder begrüssen zu dürfen. Er sagt es mit soviel Nachdruck, dass man an der Ernsthaftigkeit seiner Bemerkung nicht zweifeln mag.

 

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Fotoalbum zur Amtrak-Bahnfahrt.
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