Erlebnisberichte

REKO: Route für die Bernsteinstrasse

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21. Mai 2013 von Corinne Vollmer

AUF DER SUCHE NACH DEN „TRÄNEN DER GÖTTER“

Knapp ein Jahr ist es her, dass ich die Aufgabe erhalten hatte, mich mit dem Thema Bernstein näher auseinander zu setzen und eine Reise rund um das Thema zu kreieren. Ohne grosse Hintergrundkenntnisse begann ich, mich mit dem fossilen Harz auseinander zu setzen und seine Geschichte zu entdecken. Fasziniert fand ich heraus wie Bernstein sich über Jahrzehnte durch das Meer treiben liess und welche Route es nahm. Vom alten Rom über die baltischen Staaten bis hoch nach Russland fahnden noch heute begeisterte Sammler nach den leuchtenden „Tränen der Götter“.

So viel es mir nicht schwer, eine Reiseroute rund um den Bernstein zu kreieren. Zwar konnten wir nicht in Italien beginnen und bis nach Russland reisen, sondern mussten uns auf eine Teilstrecke konzentrieren, aber angefangen in Danzig, fand ich doch immer wieder einige spannende Verbindungspunkte und sehenswerte Orte in Zusammenhang mit dem Bernstein.

Von der Theorie in die Praxis …
Nach der monatelangen Recherche freute ich mich darauf, nun persönlich hinter die Kulissen blicken zu dürfen und startete meine Reise nach Polen. Und siehe da, kaum angekommen, tauchte ich ein in die Welt des Harzes – dessen Farbe von weiss, hell- bis goldgelb und orange  bis hin zu Rot- und Brauntönen reicht. Danzig zählt zu den Hauptstädten in Bezug auf Bernstein und verschiedenste Fabriken, Schleifereien und Schmuckgeschäfte zieren die Strassen der ehemaligen Hansestadt. Der Besitzer eines ebensolchen Schmuckgeschäftes öffnete spätabends nochmal seine Türen für mich und zeigte mir nebst seinen Kunstwerken auch, wie aus einem Stück Harz, durch das Schleifen und Polieren, eine Brosche, eine Kette oder Ohrringe entstehen können. Obwohl Bernstein wie gesagt Harz ist und, entgegen seines Namens kein Stein, war ich doch überrascht wie leicht es ist. Damit man mir auf der Strasse nicht gefälschten Bernstein andrehen würde, zeigte mir der Besitzer verschiedene Möglichkeiten, um das Harz auf seine Echtzeit zu testen. Echter Bernstein schwimmt im Salzwasser (mind. 10% Salzgehalt) und er brennt auch, zündet man ihn an, wird man durch den Geschmack gedanklich in eine Kirche versetzt. Wie ich eine dieser Varianten auf dem Markt direkt an einem Stück ausprobieren sollte, habe ich zwar bis jetzt noch nicht herausgefunden … aber spannend war es allemal.

So hatte ich also schon am ersten Abend meine ersten Bernsteinerfahrungen gesammelt und war gespannt, was mich noch alles erwarten würde. Nach einer erholsamen Nacht und einem kräftigenden Frühstück ging es weiter nach Sopot. Hier öffnete mir einer der grössten Bernsteinkünstler des Landes die Türen zu seinem Privatmuseum und dies liess mich Staunen! Eindrückliche Kunstwerke, winzig klein bis riesig gross (das Prunkstück der Sammlung, ein Bernsteinschatzkasten, wiegt 964kg) wurden von Herrn Lucien Myrta über Jahrzehnte hinweg geschaffen. Es ist unvorstellbar, welche Menge an Bernstein der Künstler für seine Visionen brauchte und wie filigran er damit umzugehen weiss. Glanzstücke, welche ich noch lange in Erinnerung behalten werde! Bevor mich meine Reise weiter zu der Masurischen Seenplatte führte, genoss ich einen erholsamen Spaziergang auf der längsten Holzmole Europas. Da die Saison noch nicht gestartet hat, war der Strand noch fast leer und ich konnte den Blick nach Danzig völlig ungestört geniessen.

Leider blieb mir nicht allzu viel Zeit die wunderschöne Gegend zu erkunden. Bereits am nächsten Tag ging die Reise weiter via Kaunas bis Klaipeda – die Stadt an der Kurischen Nehrung. Nach wenigen Minuten auf der Fähre hatte ich den 98km langen Landstreifen zwischen Klaiepeda und Lesnoi erreicht. Bei strahlendem Sonnenschein sass ich auf der Terrasse des ehemaligen Sommerhauses von Thomas Mann, spazierte am Wasser entlang und in einer kleinen Bernsteinfabrik zeigte man mir, wie ich selber Bernstein verarbeiten kann. Die Werkstatt wurde von einem Einheimischen aufgebaut und nun von ihm und zwei jungen Damen geführt. Die Begeisterung für die Schönheit des Schmucksteines hat hier, auch nach mehreren Jahren, nicht abgenommen.


Bevor ich zu meinem letzten Etappenziel fuhr, wollte ich natürlich noch entdecken, wie man den nun überhaupt an Bernstein gelangt. Wer sucht ihn? Wie findet man ihn? Worauf muss man achten? In Karklé wurde ich im Informationsbüro herzlich empfangen und in die Welt der Bernsteinsammler eingeführt. Während die meisten Menschen auf Sonne und schönes Wetter hoffen, freuen sich die Sammler über Stürme und Gewitter, denn die Chance auf einen guten Fang ist danach um einiges höher! Nach der Einführung im Informationszentrum wollte ich das Ganze natürlich noch live erleben und wir fuhren zur nahe gelegenen Küste. Ausgerüstet mit Regenkleidern und Netzen machen sich hier die Liebhaber (die sich selbst zum Teil als verrückt bezeichnen) oft zu Unzeiten auf die Suche … es sei nicht immer ganz einfach, das wertvolle Harz von Steinen und Holzstücken zu unterscheiden, aber ein geschultes Auge weiss worauf man achten muss. Ich bin gespannt, wie sich unsere Gruppen auf der Suche anstellen werden und wünsche schon mal viel Glück!

Langsam neigte sich meine Reise dem Ende zu. Nach einem eindrücklichen Zwischenstopp am Berg der Kreuze hiess das letzte Ziel Riga! Nach einem kurzen Spaziergang über die Brücke stand ich mitten im Zentrum der lettischen Hauptstadt, welche noch am späteren Abend eine lebhafte Atmosphäre versprühte und mich sofort in ihren Bann zog. Ein typisches Essen mit Kartoffeln und Fleisch rundete meine Stadttour ab und während mich die Stadt mit Sonnenschein begrüsst hatte, beendete ich meine Reise mit Regen … aber der April macht ja was er will und wir  hoffen, dass der Juli auf uns hören wird und unsere Gruppen auf der Suche nach den „Tränen der Götter“ von der Sonne begleitet werden.